Analyse des Tarifabschlusses TVöD 2025
10.04.2025

Die Einkommensrunde 2025 für Bund und Kommunen ist abgeschlossen – und hinterlässt aus Sicht der Beschäftigten einen bitteren Beigeschmack. Zwar enthält das Ergebnis einige ungewöhnliche Bestandteile, wie dbb-Verhandlungsführer Volker Geyer treffend formulierte:
„Der Fortschritt steckt im Detail!“.
Doch insgesamt bleibt der Abschluss weit hinter den berechtigten Erwartungen der Beschäftigten zurück. Für die anstehende TV-L-Runde, also die Verhandlungen für die Beschäftigten der Länder, sendet dies ein denkbar schlechtes Signal.
Unzureichende lineare Erhöhung und lange Laufzeit
Besonders kritisch ist, dass die lineare Gehaltserhöhung die inflationsbedingten Reallohnverluste nicht ausgleicht. Vorgesehen ist eine Erhöhung der Tabellenentgelte in zwei Schritten bei einer Laufzeit von insgesamt 27 Monaten:
- Vom 01.01.2025 bis zum 31.03.2025: keine Lohnerhöhung, d.h. Nullrunde
- Ab 1. April 2025 um 3 %, mindestens jedoch 110 Euro,
- Ab 1. Mai 2026 um weitere 2,8 %.
Diese Struktur begünstigt insbesondere die unteren Entgeltgruppen, da der Mindestbetrag von 110 Euro hier zu überproportionalen Erhöhungen führt.
Damit bleibt der Abschluss deutlich hinter den ursprünglichen Forderungen zurück. Erwartet war nicht nur eine deutliche Lohnsteigerung um die 8%, sondern vor allem eine kurze Laufzeit von zwölf Monaten, um flexibel auf die weiter volatile Inflationslage reagieren zu können. Die Verlängerung auf mehr als zwei Jahre führt zu einer schleichenden Erosion der Einkommen, während die Kosten des Alltags weiter steigen.
Wie auch aus dem Fachbereich Tarif kommentiert wurde:
„Die lange Laufzeit von 27 Monaten zementiert den Abstand zur Inflation – das ist ein klares Minusgeschäft für die Beschäftigten relativ zur allgemeinen Preisteuerung“
so stellt Katrin Ruhmann, Sprecherin Fachbereich Tarif Bund und Thüringen fest.
Positive Elemente dürfen nicht darüber hinwegtäuschen
Zu den positiven Aspekten gehört zweifelsohne die Anhebung der Jahressonderzahlungen ab 2026, die über alle Entgeltgruppen hinweg erfolgt:
- Im Bereich Bund steigen die Sonderzahlungen in den unteren Entgeltgruppen (EG 1–8) auf 95 %, in mittleren Entgeltgruppen (EG 9a–12) auf 90 %, und in den oberen Entgeltgruppen (EG 13–15) auf 75 %.
- Bei der VKA wird eine einheitliche Erhöhung auf 85 % bzw. 90 % in bestimmten Bereichen umgesetzt.
Diese Maßnahme stärkt zwar die Attraktivität gerade in den unteren und mittleren Entgeltgruppen, ist aber im Gesamtbild nur ein Teilerfolg. So wurde auch aus dem Fachbereich Tarif festgestellt:
„Die Erhöhung der Jahressonderzahlungen ist richtig und wichtig, doch sie kann das schwache Gesamtergebnis der TVöD-Tarifrunde nicht aufwiegen. Für unsere Verhandlungen im Herbst 2025 erhoffen wir uns unter anderem Lohnerhöhungen deutlich jenseits der kumulierten Inflationsrate sowie ebenfalls das Auftauen der seit Jahren eingefrorenen Jahressonderzahlungen. Wir haben die letzten Tarifabschlüsse und die Kennzahlen zur Inflation in Relation miteinander gebracht. Die Analyse hat ergeben, dass in der kommenden Tarifrunde (TV-L) eine Lohnerhöhung in Höhe von 16,4% gefordert werden müsste, um die Versäumnisse der letzten Tarifrunden sowie die Preissteigerungen, die Inflation einzukalkulieren, sodass bei den Beschäftigten auch tatsächlich ein finanzielles Plus spürbar ist.“
fasst Christel Fein, stv. Landesvorsitzende & tarifpolitische Sprecherin BDK NRW, das Ergebnis zusammen.
Positive Aspekte des TVöD-Abkommens 2025
Weitere Verbesserungen wie die Erhöhung der Schichtzulagen oder die Möglichkeit zur Umwandlung der Sonderzahlung in zusätzliche freie Tage sind anerkennenswert. Es wird die Möglichkeit geschaffen, auf freiwilliger Basis die wöchentliche Arbeitszeit befristet auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen. Beschäftigte erhalten für die zusätzlichen Stunden entsprechende Zuschläge. Ab dem Jahr 2027 erhalten alle Beschäftigten einen zusätzlichen Urlaubstag. Diese Teilergebnisse sind jedoch flankierende Maßnahmen ohne ausreichend lineare, strukturelle Kraft.
Kritische Einordnung der Verhandlungsführung
Der Blick in die Tiefe der Verhandlungen zeigt ein angespanntes Klima:
„Zu keinem Zeitpunkt war bei den Arbeitgebenden erkennbar, dass sie Zukunft gestalten wollen“,
so fasst Volker Geyer zusammen.
Amélie Kley vom BKA hält das Tarifergebnis für insgesamt schwach, konstatiert jedoch gleichzeitig, dass sie bei der unbeweglichen Verhandlungsführung der Arbeitgeberseite mit nicht viel mehr gerechnet habe.
Diese Einschätzung verdeutlicht den fundamentalen Dissens: Der Arbeitgeberseite war es nicht gelungen, die Personalherausforderungen der nächsten Jahre – insbesondere den demografischen Wandel mit einem erwarteten Ausscheiden von rund 650.000 Beschäftigten in Bund und Kommunen – konstruktiv in den Verhandlungsprozess einzubeziehen. So blieb das Ergebnis trotz intensiver Verhandlungen ein
„schwer erarbeiteter Kompromiss, nicht mehr und nicht weniger“,
wie es Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der Bundestarifkommission, formulierte.
Schlechte Signalwirkung für den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)
Die Auswirkungen auf die bevorstehenden TV-L-Verhandlungen ab November 2025 sind eindeutig: Der aktuelle Tarifvertrag läuft noch bis zum 31.10.2025. Das aktuelle TVöD-Verhandlungsergebnis setzt einen denkbar ungünstigen Rahmen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Logik dieses Abschlusses auch auf die Länder-Tarifrunde überträgt – mit einer zu niedrigen linearen Erhöhung und einer zu langen Laufzeit. Der BDK warnt ausdrücklich:
„Das wäre fatal, gerade vor dem Hintergrund des massiven Fachkräftemangels in den Ländern und der damit verbundenen Notwendigkeit, den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren und sich nicht noch weiter von der Wirtschaft abhängen zu lassen“.
Das Ergebnis schwächt die Attraktivität des öffentlichen Dienstes weiter und gefährdet dringend notwendige Schritte zur Fachkräftegewinnung und -bindung.
Die Forderung nach einer selbstbewussten Forderungsaufstellung und geschlossenen Verhandlungsführung für den TV-L wird dadurch umso drängender. Ein Abschluss wie im Bereich Bund und Kommunen darf sich für die Länderbeschäftigten nicht wiederholen. Unsere Mitglieder sowie die Beschäftigten im Land erwarten zu Recht mehr.
Fazit
Der Abschluss der Tarifrunde 2025 für Bund und Kommunen ist aus Arbeitnehmersicht enttäuschend. Zwar wurden einige wichtige Impulse gesetzt, insbesondere bei den Sonderzahlungen und Zulagen, doch reicht dies bei Weitem nicht aus, um den Abstand zur Inflation zu überbrücken oder eine angemessene Einkommensentwicklung sicherzustellen. Die vereinbarte geringe Lohnsteigerung bleibt hinter der Inflation zurück und ist weit entfernt von der nötigen Anerkennung der Arbeit der Beschäftigten.
Für die anstehenden TV-L-Verhandlungen bleibt die Mahnung klar: Nur mit Geschlossenheit, klarem Forderungsbild und der Bereitschaft zu kraftvollen Aktionen wird es gelingen, ein besseres Ergebnis für die Beschäftigten der Länder zu erzielen.
Christel Fein, stv. Landesvorsitzende & tarifpolitische Sprecherin des
Bund Deutscher Kriminalbeamter NRW e.V.
Für den Fachbereich Tarif des BDK