Geld, Macht Kriminalität – Wer kontrolliert wen? Finanzkriminalität – Vollzugs- und Regelungsdefizite

23.05.2025

Dies war der Titel des ersten von Dirk Peglow moderierten Fachforums beim diesjährigen Europäischen Polizeikongress.
Geld, Macht Kriminalität – Wer kontrolliert wen? Finanzkriminalität – Vollzugs- und Regelungsdefizite

In seiner Einführung stellte Dirk noch einmal folgendes fest:

„Sie alle können sich vermutlich an die „Zeitenwende-Rede“ unseres ehemaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz erinnern, die er am 27.02.2022 im Deutschen Bundestag hielt. Nur wenige von Ihnen werden sich an eine zweite Zeitenwende erinnern, die der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner am 24.08.22, allerdings nicht im Bundestag, sondern in einer Pressekonferenz verkündete. Es war der Tag der Zeitenwende in der Bekämpfung von Finanzkriminalität und Geldwäsche. Christian Lindner wandte sich – rein zufällig drei Tage vor der Veröffentlichung des FATF- Berichts zu Deutschland an die Öffentlichkeit. „Wir wollen mit einem neuen Ansatz arbeiten. Wir wollen an die Hintermänner, die hinter der kriminellen Vortat stehen, herankommen, und dazu werden wir der Spur des Geldes folgen. ›Follow the money‹ heißt dieser Ansatz.“

Erstaunliche Erkenntnis eines Bundesfinanzministers – rund 20 Jahre nach Implementierung des GWG. Aber was hat sich seitdem getan? Nach wie vor stellt Finanzkriminalität eine ernsthafte Bedrohung für unsere Wirtschaft und Gesellschaft dar. Die Schäden, die durch Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Betrug und andere Formen der Finanzkriminalität verursacht werden, belaufen sich jährlich auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Diese kriminellen Aktivitäten untergraben nicht nur das Vertrauen in unser Finanzsystem, sondern gefährden auch die Integrität unserer Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Der BDK hat sich in den letzten Jahren aktiv in die jeweiligen Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Vom Sanktionsdurchsetzungsgesetz, dem Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes (FKBG) und der Einrichtung eines Bundesamtes für die Bekämpfung der Finanzkriminalität über die risikobasierte Arbeitsweise der FIU bis hin zum Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz und zuletzt zur Meldeverordnung zum Geldwäschegesetz. Allerdings hatten wir häufig den Eindruck, dass die Einwände der polizeilichen Praxis als störend empfunden werden und stellenweise im Nirwana liberaler Ideologie verhallen.  

Zu diesem spannenden Thema diskutierte Dirk Peglow mit MdB Sebastian Fiedler, Prof. Dr. Kilian Wegner von der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder), Lars-Heiko Kruse von PricewaterhouseCoopers (PwC) als Experte für Compliance, Geldwäscheprävention und Unternehmensberatung und Ramzi Bouaouni, Leiter der Abteilung Finanzkriminalität im Hessischen Landeskriminalamt. Dabei ging es um die Fragen, wo die größten Hürden bei der Aufdeckung und Verfolgung von Finanzkriminalität – insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen Behörden, den Zugang zu relevanten Daten und die Nutzung moderner Analyseinstrumente gesehen werden, aber auch, welche Gesetzesinitiativen für eine verbesserte Bekämpfung notwendig sind, bis hin zu einer effektiveren Geldwäscheaufsicht oder der Schaffung einer neuen Bundesbehörde zu diesem Kriminalitätsphänomen.

Zeitenwende: Operative Voraussetzungen für den Erfolg

Das Wort des Jahres 2022 ist zu einem häufig benutzten politischen Schlagwort und mittlerweile zu einem festen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Diskurses auch in und über die Sicherheitsbehörden geworden. Doch was bedeutet diese Zeitenwende konkret? Geht es tatsächlich darum, die innere Sicherheit zu modernisieren, demokratische Strukturen widerstandsfähiger zu machen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken? Unbestritten dürfte sein, dass die Sicherheitsbehörden vor der enormen Aufgabe stehen, sich personell, technisch und rechtlich grundlegend zu modernisieren, um Terrorismus, organisierter- und Cyberkriminalität, hybriden Bedrohungen sowie Herausforderungen durch Migration und internationale Konflikte wirksam begegnen zu können.

In diesem von Dirk Peglow moderierten Panel wurden diese und andere Fragen bezüglich der Zeitenwende in der Polizei diskutiert. Dabei stellte sich heraus, wie stark die Polizeiorganisationen derzeit aktuell durch Transformationsprozesse gefordert sind, aber auch welche Maßnahmen notwendig sind, um eine verbesserte Polizeiarbeit zu gewährleisten. Hierzu waren Peter Mosch, Ministerium des Innern NRW, Markus Trebes, Inspekteur der Polizei Bayern, Vorsitzender des Unterausschusses Führung, Einsatz, Kriminalitätsbekämpfung, Dr. Barbara Slowik Meisel, Polizeipräsidentin Berlin und Holger Münch, Präsident BKA eingeladen.

Das BKA als „zentraler Service- und Solution-Provider“ für die Länder hat in seiner Strategie auch die vermehrte Übernahme von Ermittlungsverfahren und bedarfsgerechte Unterstützung im gesamten polizeilichen Verbund als Zielsetzung vorgesehen. Aber ist das BKA derzeit mit ausreichend Haushaltsmitteln und Personal ausgestattet? Diese Frage beantwortete Herr Münch aus zwei Perspektiven. „Zum einen ist das Personal in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Das ist gut. Was die Haushaltsmittel betrifft, muss festgestellt werden, dass sie derzeit nicht ausreichen, um alle Bedarfe, insbesondere die der Länder, zu decken.“, so Holger Münch. Auch muss darüber diskutiert werden, welche notwendigen Rechtsgrundlagen eine effektive Aufgabenerfüllung ausgehandelt werden müssen. Hier sieht der BKA-Präsident große Bedarfe in der Umsetzung der IP-Adressspeicherung, aber auch in einer Anpassung des Digital Service Acts sowie der rechtlichen Ausgestaltung der Cyberabwehrbefugnisse des BKAs.

Aus Sicht des Vertreters des Innenministeriums NRW, Herrn Peter Mosch muss die Veränderung der Kriminalitätsphänomene mit einer veränderten Expertise in der Polizei einhergehen. Das heißt, dass das bestehende Personal fit gemacht werden muss. Gleichzeitig muss natürlich in die Infrastruktur investiert werden, um erfolgreich zu sein.

Dirk Peglow machte darauf aufmerksam, dass in der heutigen Zeit die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden nicht vergessen werden darf. Nur dann lassen sich Erfolge aufzeigen, nicht wenn jeder nur sein eigenes Süppchen kocht. Weiterhin ergänzte er, dass gerade beim Thema digitale Kompetenzen in der polizeilichen Praxis vielfach unterschiedliche Welten existieren. Einerseits haben wir technisch sehr gut ausgestattete Dienststellen, auf der anderen Seite Polizeireviere, die von ihrer Ausstattung noch in den 90’er Jahren sind.

Zum Abschluss fragte Dirk Peglow die Teilnehmenden zum Thema Cloud Computing in den Polizeien, vor allem in Hinblick auf eine resiliente Infrastruktur.

Herr Münch stellte zunächst die Sicht des BKAs dar. „Im BKA fahren wir den Ansatz von Multi-Cloud-Lösungen“ so Herr Münch. Das BKA verfolgt das Prinzip „cloud only“ für Neuentwicklungen, bzw. „cloud first“ für bestehende Lösungen, die in die Cloud umziehen können und müssen und ergänzte, dass alles, was nicht umziehen kann, wortwörtlich „ins Museum gehört“. Herr Mosch ergänzte, dass wir über die Ländergrenzen hinaus zusammenwachsen müssen, wenn nicht gar europäisch denken sollten. Bei den Diskutanten bestand Einigkeit darüber, dass die Polizei nicht mehr um Cloud Computing herumkommt. Ob dies eine einheitliche gemeinsame Lösung sein muss, wurde jedoch im Hinblick auf Datensicherheit und Integrität mit Fragezeichen versehen. „Wir sind in der Umsetzung von Cloud Computing in der Berliner Polizei noch in den Kinderschuhen, aber dies hat auch den Vorteil bei anderen Vorreitern abzuschauen. Leider sind die finanziellen Mittel derzeit sehr gering.“, so Frau Dr. Slowik Meisel.