NDR Beitrag: G20-Foto-Fahndung -Viele Hinweise und Kritik
22.12.2017

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am Montag die Fotos der Verdächtigen ins Internet gestellt. Ihnen werden nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft meist gefährliche Körperverletzung, schwerer Landfriedensbruch oder Brandstiftung vorgeworfen. Zu fünf verschiedenen Tatkomplexen sind zudem Videos abrufbar, die das Geschehen an mehreren Brennpunkten während des Gipfels der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli zeigen.
Linke spricht von "Menschenjagd"
Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hatte zuvor besonders die zusammen mit den Fahndungsfotos veröffentlichten Videos kritisiert. "Das ist Stimmungsmache und ich frage mich, wie ein solches Vorgehen durch ein Gericht abgesegnet werden konnte", sagte die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider. Durch die Veröffentlichung der Fotos drohe den abgebildeten Personen lebenslange Stigmatisierung, egal ob sie verurteilt würden oder nicht. In der tagesschau sagte Schneider, der Leiter der Soko "Schwarzer Block", Jan Hieber, habe angekündigt: "Wir kriegen viele von euch, da könnt Ihr sicher sein." Schneider sagte: "Das hört sich an nach Menschenjagd."
Justizsenator Till Steffen (Grüne) verteidigte die G20-Fotofahndung. Alles sei rechtmäßig. Das Mittel der Öffentlichkeitsfahndung greife zwar erheblich in die Persönlichkeitsrechte ein, aber diese Fahndung werde auch nur dann eingeleitet, wenn andere Ermittlungsansätze ausgeschöpft seien, erklärte Steffen am Mittwoch.
CDU fordert Schneider zum Rücktritt auf
Hamburgs CDU-Bürgerschaftsfraktion forderte Schneider angesichts der Äußerungen auf, vom Amt der Vizepräsidentin der Bürgerschaft zurückzutreten. Mit dem Amt der Vizepräsidentin eines Landesparlamentes sei ein "derart gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat nicht vereinbar", sagte der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator. Auch der SPD-Innenpolitiker Sören Schumacher sieht in der Äußerung Schneiders ein krudes Verhältnis zum Rechtsstaat. Die Öffentlichkeitsfahndung sei wichtig und richtig und man müsse alle Mittel des Rechtsstaates ausschöpfen, so Schumacher.
Kritische Töne auch von Grünen und FDP
Kritischer äußerten sich die Hamburger Grünen. Man müsse sehr konkrete Vorwürfe haben, wenn man Menschen so der Öffentlichkeit anbietet, erklärte die grüne Innenpolitikerin Antje Möller. Die FDP hofft, dass die Hinweise zur Identifizierung der Tatverdächtigen führen. Allerdings zeige sich wieder einmal, dass der Senat den Gipfel schlecht vorbereitet habe, so ihr innenpolitischer Sprecher Carl Jarchow.
Für die Fahndung hatte die Sonderkommission "Schwarzer Block"
riesige Mengen von Bild- und Videodateien gesichtet. Dabei wurden auch Aufnahmen von Privat-Handys, Journalisten und Überwachungskameras in Bussen und Bahnen ausgewertet. In allen 104 jetzt veröffentlichten Fällen hätten Amtsrichter der öffentlichen Fahndung dann zugestimmt. Zeitweise arbeiteten bis zu 180 Mitarbeiter in der Soko.
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